Kategorie: Aufruf
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Evakuiert Moria! Heraus zum Revolutionären 1. Mai!
Aufruf zu einer gemeinschaftlichen Aktivität am 1. Mai ab 18 Uhr in Berlin-Kreuzberg.
Aufgrund der Corona-Pandemie werden wir in diesem Jahr zum 1. Mai nicht wie sonst zu einer Demonstration im klassischen Sinne aufrufen. Da wir angesichts der herrschenden rassistischen, kapitalistischen und patriarchalen Verhältnisse aber auch nicht passiv bleiben wollen, rufen wir zu einer Versammlung der besonderen Art auf. Der Beginn unserer Aktion ist kein zentraler Platz, sondern ein Gebiet. Dadurch können wir die Ansteckungsgefahr verringern und bleiben für den Repressionsapparat unkontrollierbarer. Das Gebiet liegt in Kreuzberg 36. Wir werden es am Vormittag des 1. Mai über Twitter (@rev1maiberlin) und die Website (1mai.blackblogs.org) bekannt machen.Begebt euch am 1. Mai bis 18 Uhr nach Kreuzberg 36 in, an und um dieses Gebiet. Haltet dabei den Mindestabstand ein und vermummt euch mit Schals oder Masken. Und bleibt in Bewegung. Ab 18.20 Uhr werden wir über Twitter und die Website nacheinander mit zeitlichem Abstand Orte in Kreuzberg 36 bekanntgeben, zu denen wir uns dann über verschiedene Wege begeben werden. Informiert die anderen, die kein mobiles Internet haben. Wir wollen die Straßen mit unseren antirassistischen, antipatriarchalen und antikapitalistischen Inhalten fluten, die Zielorte, die wir jeweils mit einer Uhrzeit angeben, sind nur kurze Zwischenstopps. Auf unterschiedlichen Neben- und Seitenstraßen kommen wir dorthin, werden unsere Inhalte vermitteln und uns danach zerstreuen, um uns bald wieder woanders zu begegnen.Der 1. Mai ist, was wir alle daraus machen. DIY! Überlegt euch, wie ihr auf diesen Wegen und all den Orten eure Botschaften auf Tüchern, mit Transparenten, lauten Parolen und Wurfzetteln verbreiten könnt oder mit Rauchtöpfen, Sprühereien und Farbbeuteln Akzente setzt. Wir werden dabei in die Breite gehen. Unsere Bewegungsfläche ist der ganze Kiez. Mit unserem Aktionskonzept wollen wir möglichst vielen Menschen ermöglichen, sich an den Protesten am 1. Mai zu beteiligen. Jede*r nach ihren eigenen Vorstellungen und Risikobereitschaft. Ob allein mit einem Plakat, gemeinsam mit Freund*innen und Genoss*innen, in kleinen Gruppen, mit Fahrrad oder zu Fuß oder auch von Hausdächern und Balkonen aus, ihr selbst bestimmt wie eure Aktionen aussehen. Wenn es Absperrungen durch die Polizei gibt, versuchen wir diese zu umgehen, zu umfließen oder darum herum zu wuseln. Seid dabei achtsam, vermeidet enge Zusammenkünfte und bleibt stets in Bewegung. Der 1. Mai ist keine Party, sondern ein Kampftag für eine befreite Gesellschaft. Um 20 Uhr sollen im ganzen Kiez Feuerwerke gezündet werden. Beteiligt euch dabei von euren Dächern, Balkonen und von den Straßen.Seit der Corona-Krise unterdrücken die Repressionsbehörden unter dem Vorwand des Infektionsschutzes vielerorts politische Proteste. Auch wenn bei Aktionen auf Schutzmaßnahmen wie Abstand geachtet wird, werden Demonstrant*innen mit Repression überzogen, dabei gibt es vielfach erst mit dem Einschreiten der Polizei ein Ansteckungsrisiko, da sie weder Masken tragen noch Abstände einhalten. Wir nehmen die Schutzmaßnahmen ernst. Wir werden am 1. Mai verantwortungsvoll handeln. Und wir erwarten, dass die Polizei am 1.Mai-Wochenende auch Abstand hält. Wenn es dennoch am 1. Mai zu Festnahmen kommt, meldet euch beim Ermittlungsausschuss. Wie jedes Jahr gilt auch in diesem Jahr ganz besonders: Wir werden niemanden mit der Repression allein lassen. Gemeinsam mit EA und Roter Hilfe wird sich auch das Bündnis um Repressionsfälle kümmern und Solidarität organisieren.Unser politischer Schwerpunkt am 1. Mai ist der Kampf gegen die Festung Europa. Mehr als 20 000 Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflüchtet sind, befinden sich im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos, welches für 3000 Personen ausgelegt war. Dort herrschen katastrophale Bedingungen, es gibt kaum Wasser, kaum medizinische Versorgung und Abstandsregeln können nicht eingehalten werden, wenn Menschen auf kleinstem Raum zusammenleben müssen. Ein Ausbruch des Coronavirus würde zu einem Massenstreben führen. Lediglich 47 Kinder hat die BRD bisher aufgenommen. Während für 250.000 deutsche Tourist*innen alle Hebel in Bewegung gesetzt wurden, ist dem deutschen Staat das Schicksal der Geflüchteten völlig egal. Menschen ertrinken im Mittelmeer, während die EU nicht nur tatenlos zuschaut, sondern mit der EU-Grenzagentur Frontex die Abschottung weiter vorantreibt. – Moria evakuieren! Fähren statt Frontex!In der BRD müssen Geflüchtete auf engstem Raum in Sammellagern leben. Auch schon vor Corona war das Leben für Geflüchtete durch fehlende Privatsphäre, Angst und Isolation geprägt. In den Massenunterkünften sind sie jetzt zudem einem großen Ansteckungsrisiko ausgesetzt. Statt einer dezentralen Unterbringung werden Geflüchtete in der Corona-Krise noch weiter abgeschottet und Lager werden komplett unter Quarantäne gestellt. – Wohnungen statt Lager! Bleiberecht für alle!Während Geflüchtete und Migrant*innen vom deutschen Staat verfolgt, eingesperrt und abgeschoben werden, bereitet die rechte Hetze von AfD, Werteunion und anderen den Boden für faschistische Anschläge wie in Hanau am 19. Februar. Anfang April wurde Arkan Hussein Khalaf in Celle von einem Deutschen ermordet, der sich im Internet mit rassistischen und antisemitischen Gedanken umgeben hat. Rassistische Drohungen, Diskriminierung und Gewalt gehören hierzulande zum Alltag von Migrant*innen und People of Color. Im Zuge der Ausgangsbeschränkungen wegen Corona verstärkt sich Racial Profiling, das heißt rassistische Kontrollen im öffentlichen Raum. – Alle zusammen gegen Rassismus und Faschismus!Kriege und Waffenexporte gehen auch in der Krise unvermindert weiter. Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat bereits angekündigt im Mai eine hohe Dividende an die Aktionär*innen auszuschütten. Trotz der Pandemie produzieren Konzerne weiter und gehen für Profite über Leichen. Amazon macht riesige Gewinne in der Krise auf dem Rücken der Beschäftigten, die unzureichend vor dem Virus geschützt sind. Auf Proteste und Streiks reagierte der Konzern mit Entlassungen. Das Pflegepersonal in den Krankenhäusern arbeitete schon vor Corona am Limit, denn Krankenhäuser wurden kaputtgespart und nach der kapitalistischen Profitlogik ausgerichtet. Vor allem Frauen* leisten schlecht bezahlte und unbezahlte Care-Arbeit im Bereich der Pflege von Alten und Kranken, der Kinderbetreuung, der Reinigung und Hausarbeit. Durch Corona werden bestehende patriarchale Verhältnisse noch verstärkt, die Ausgangsbeschränkungen verstärken zudem patriarchale Gewalt. – Für die soziale Revolution! Kapitalismus und Patriarchat überwinden!Am 1. Mai gehen wir auf die Straße für eine solidarische Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung. Trotz dem notwendigen physischen Abstand, lassen wir uns nicht vereinzeln, sondern handeln kollektiv und solidarisch! Der 1. Mai sind wir alle – alle gemeinsam gegen Kapitalismus, Rassismus und Patriarchat!Twitter: @rev1maiberlin -
Aufruf der Liebig 34
LIEBIG 34 RUFT AUF ZUM 1.MAI IN FRIEDRICHSHAIN.
GEGEN DIE STADT DER REICHEN!Ihr habt es wahrscheinlich alle schon häufig gelesen: Wir, das anarcha-queer-feministische Hausprojekt, Liebig34, im Friedrichshainer Nordkiez ist seit dem 01.01.2019 akut
räumungsbedroht (https://de.indymedia.org/node/31598). Die Räumungsklage gegen uns wurde vom Eigentümer Padovicz schon eingereicht. Die Lage ist angespannt und unsere Zukunft ungewiss.
Auch die Situation im Nordkiez spitzt sich immer weiter zu. Bullen werden immer präsenter und fahren ständig in unserem Kiez auf und ab. Helis schwirren fast ununterbrochen über unseren Köpfen. Tagesspiegel und co hetzen über uns und unsere Freund*innen. Berlin wartet auf die Krawalle und verkauft Fensterplätze gegen Geld in der Rigaer Straße (https://www.berliner-kurier.de/berlin/polizei-und-justiz/krawall-gaffer-berliner-vermietet-ausguck-am-1-mai–32437782()). Geisel schwadroniert in Pressekonferenzen über uns und will uns und unseren Widerstand befrieden.
Unser Haus gerät immer mehr in den Fokus der breiten medialen Öffentlichkeit. Und warum?
Der 1.Mai kündigt sich an.
Der autonome 1.Mai läuft 2019 durch Friedrichshain, zeigt seine Entschlossenheit gegen die Stadt der Reichen, die sich in unserem Kiez gut erkennen lässt. Es gibt kein besseres Bild für den
Kapitalismus und seinen Schergen als das Auffahren von Bullen als „Schutz“ vor der CG-Baustelle in der Rigaer Straße. Gröner zittert aus Angst vor Krawallen und der Staat ist Instrument des Spekulanten. Nichts anderes haben wir erwartet.
Wir begrüßen, dass der 1.Mai repolitisiert werden soll. Nach Jahren der Partykultur inmitten des „myfest“ in Kreuzberg laufen wir nun in Friedrichshain unter anderem an unserem Haus vorbei.
Die Demonstration soll auch an weiteren Häusern vorbeiziehen, die von dem Immobilienhai Padovicz aufgekauft wurden. Allein in Friedrichshain besitzt er um die 200 Immobilien und
treibt den Ausverkauf des einstigen Arbeiter*innenstadtteils voran. Padovicz steht so, wie Akelius, Gröner und Konsorten, für ein Berlin, das wir ablehnen – ein Berlin, dass nur Platz hat für den Profit und zu einer Stadt der Reichen verkommt.
Dieser Tag kann ein Austesten sein, was Senat, Cops und Padovicz erwarten, wenn sie es wagen sollten uns zu räumen. Wir sind nicht nur die Liebig34, wir sind viele und verdammt wütend.
Berlin macht sich bereit für einen Kampf gegen das Patriarchat und den Ausverkauf der Stadt. So können wir die verschiedensten Kämpfe gegen Unterdrückung zusammenführen und uns
praktisch solidarisch zeigen mit anderen Ausgebeuteten.
Denn nicht nur wir sind räumungsbedroht und nicht nur wegen uns gehen die Massen auf die Straßen um ihrer Wut freien Lauf lassen. Die Räumungsklage gegen die Potse ist eingereicht,
ähnlich sieht es beim Syndikat aus, vor der G17A stehen Securitys und eine Räumung wird wahrscheinlicher, der Vertrag der Meute endet Ende Mai und das Verfahren auf Räumung der Kad(t)erschmiede der Rigaer94 läuft am 13.06. in die nächste Runde. Abertausende Menschen zeigten auf der Mietenwahnsinn!-Demo ihren Unmut gegen die Entwicklung der Stadt. Am
1.Mai können wir gemeinsam Ausprobieren und uns selbst ermächtigen gegen die Repression und die Unterdrückung des ausbeuterischen Systems.
Besonders empowernd ist es für uns als Projekt, das sich ohne Cis-Männer organisiert, zu hören, dass die ersten Reihen dieser 1.Mai Demonstration auch ohne Cis-Männer laufen wird. So
können neue Bilder entstehen und wir ein Klima kreieren, dass Militanz und Feminismus zusammen denkt und offensiv gegen patriarchale Strukturen auch innerhalb unserer eigenen
Kreise vorgeht.Wir begrüßen die Demo im Nordkiez und sehen sie als Ausdruck für unseren gemeinsamen Kampf. Wir wollen die nächste Zeit nutzen um aus der Defensive zu kommen und eine Offensive gegen die Stadt der Reichen voranzutreiben.
Lasst uns Lösungen gegen Gentrifizierung, Staat und Patriarchat finden und angreifen.Kommt am 1.Mai ab 18 Uhr zum Wismarplatz! Wir sehen uns dann im Nordkiez.
Eure Liebig34
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LIEBIG 34 CALLS FOR MAY 1ST IN FRIEDRICHSHAIN.
AGAINST THE CITY OF THE RICH!You‘ve probably all read it before: We, the anarcha-queer-feminist house project -Liebig34- in Friedrichshainer Nordkiez have been threatened with eviction since 01.01.2019 (see indylink…).
The eviction action against us has already been filed by the owner Padovicz. The situation is tense and our future uncertain.
The situation in Nordkiez is getting worse and worse. Pigs become more and more present, driving around constantly throughout neighbourhood. There’s almost always the constant sound
of helicopters buzzing over our heads. Tagesspiegel and other media sources make blind assumptions of us and our friends. Berlin awaits to profit off of the riots and sells window seats
for money in Rigaer Straße (Link Berliner Kurier). Geisel talks shit about us in press conferences and wants to pacify us and our resistance.
Our house has become more and more focused on the broad media public. And why? The 1st of May approaches.
May 1st autonomously runs through Friedrichshain in 2019, showing its determination against the city of the rich, seen evident in our neighbourhood. There is no better picture for capitalism
and its henchmen than the cops driving up as „protection“ from the CG construction site in Rigaer Straße. Meanwhile, Gröner trembles in fear of riots and as expected, the state is the instrument of the speculator.
We welcome the fact that 1 May is to be re-politicised. After years of party culture in the middle of the „myfest“ in Kreuzberg, we now walk past our house in Friedrichshain. The demonstration
will also pass other houses that were bought by the real estate shark Padovicz. In Friedrichshain alone, he owns around 200 properties and is pushing ahead with the sale of the former working class, inner city district. Like Akelius, Gröner and others, Padovicz stands for a Berlin that we reject – a Berlin that only has room for profit and regresses into a city of the rich.
This day can be a test of what Senate, Cops and Padovicz expect if they dare to evict us. This speaks not only for the Liebig34 collective, but for all the house projects and people being
pushed out by developers. We are many and fucking angry.
Berlin is getting ready for a fight against the patriarchy and the selling out of the city. In this way we can unite the most diverse struggles against oppression and show solidarity with other
exploited people.
For it is not only we who are threatened with eviction and it is not only because of us that the masses go out into the streets to unleash their anger. The action for eviction against the Potse has
been filed, it looks similar with the syndicate, in front of the G17A stand Securitys and an eviction becomes more probable, the contract of the pack ends at the end of May and theprocedure for eviction of the Kad(t)erschmiede of the Rigaer94 runs on 13.06. into the next round. Thousands and thousands of people showed their anguish against the development of the city on the „Mietenwahnsinn! demo“. On May 1st we can join together and empower ourselves against the repression and oppression from this exploitative system.
It is particularly empowering for us as a project that organizes itself without Cis men to hear that the first rows of this May 1st demonstration will be walking without Cis men. In this way new
images can emerge and we can create a climate in which militancy and feminism think together and take direct action against patriarchal structures within our own circles.
We welcome the demonstration in the Nordkiez and see it as an expression of our common struggle. We want to use the next time to get off the defensive and push forward an offensive
approach against the city of the rich.
Let’s find solutions to attack gentrification, state and patriarchy.
Come to Wismarplatz on May 1st at 6 pm! See you then in the north district. It’s gonna be lit!Your Liebig34
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1. Mai: Plan A & Plan B
Auch dieses Jahr wird die 1.-Mai-Demonstration unangemeldet statt finden.
Wir werden uns am Wismarplatz ab 18 Uhr versammeln und die geplante Route laufen [plan A]. Die Route findet ihr hier.
Falls es uns doch nicht möglich sein wird, die Demonstration zu starten, werden wir uns um 21 Uhr am Schleidenplatz treffen [plan B].
Was an dem Tag passiert, liegt an uns und all den Menschen, die genug davon haben, in einer Stadt der Reichen zu leben.
Gegen die Stadt der Reichen! Für einen subversiven Mai!
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Was bedeutet „unangemeldet“ ganz konkret?
„Unangemeldet“ bedeutet erst einmal, dass wir – ganz simpel – die Demonstration nicht anmelden. Das heißt, dass wir keine Vorgespräche führen und auch sonst in keiner Weise mit den Bullen kooperieren. Unser Ziel ist es, eine kraftvolle Demonstration mit inhaltlichem Ausdruck durchzuführen. Tranpis, Fahnen und Sprechchöre geben dem Protestzug Struktur. Dabei geht es uns nicht um eine Auseinandersetzung mit den Repressionsbehörden, aber wir werden unsere Demo selbstbestimmt durchsetzen.
Wie funktioniert eine unangemeldete Demo am Ersten Mai?
Die Demonstration wird am Wismarplatz starten. Nach einem deutlich erkennbaren Signal gehen wir gemeinsam los. Die geplante Route wurde im Vornherein veröffentlichen, um allen die Möglichkeit zu geben, sich angemessen vorzubereiten. Die Demonstration soll laut, ausdrucksstark und durch innere Geschlossenheit kraftvoll sein. Dabei gelten die üblichen Demoregeln wie sonst auch bei anderen Gelegenheiten: Kein Alkohol oder andere Drogen, aufeinander aufpassen und nicht alleine unterwegs sein. Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist es dabei juristisch unerheblich, ob eine Demo angemeldet ist oder nicht. Nur wer an einer verbotenen Demo teilnimmt handelt nach dem Gesetz ordnungswidrig (keine Straftat). Strafbar würde sich nur die Person machen, die eine unangemeldete Demo veranstaltet bzw. leitet, eine solche „Leitungsperson“ ist aber grade nicht gewünscht, sondern selbstverantwortliches Handeln.
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Aufruf der Kiezkommunen zur Demo „Gegen die Stadt der Reichen!“
Auf zur „Unsere Häuser – Unsere Kieze“ Demonstration am 30.4. im Wedding!
Auf zur revolutionären 18 Uhr Demonstration am 1. Mai in Friedrichshain!
Jetzt mal ehrlich, wenn du dich in deinem Leben umschaust, findest du, es läuft fair für dich und deine Freund*innen, Familie, Nachbar*innen, Kolleg*innen? Hast du das Gefühl, du kannst dich frei entscheiden, wo du wohnst, womit du deinen Lebensunterhalt verdienst, was du isst oder wie du dich kleidest? Wenn nein, ist es an der Zeit das zu ändern.
Wir leben hier in Berlin in einer Stadt, die sich verdammt schnell verändert. Lebensmittel, Wohnraum, Kulturangebote, dass alles wird verdammt viel teurer aber Löhne, Renten und Sozialhilfe steigen kaum. Einige wenige spielen hier mit dem Leben vieler, die täglich versuchen, ihren Weg bestmöglich zu meistern. Immobilienspekulant*innen, Großunternehmen, Politiker*innen, die zuschauen und mitmachen und wenig Interesse daran haben, dass sich an diesem Verhältnis etwas ändert.
Sie rüsten auf. Sie drücken unsere Löhne durch Ausgliederung und Union Busting. Sie lassen uns zwangsräumen, wenn die Miete einmal nicht pünktlich angekommen ist. Sie erlassen neue Polizeigesetze, um jeden Protest im Keim zu ersticken und uns immer und überall kontrollieren zu können. Uns macht das wütend.
Allein machen sie dich ein
Anders und besser kann es nur werden, wenn wir die Sache selbst in die Hand nehmen. Deshalb: Lasst uns zusammen kommen, unsere Wut auf die Straße tragen. Aber, lasst uns auch zusammen kommen, um uns kennenzulernen. Lasst uns besprechen, wie es gut für alle sein kann. Dafür haben wir die Kiezkommunen im Wedding, in Kreuzberg/Neukölln und in Friedrichshain gegründet. Wir organisieren offene Cafés, Diskussionen und Protestaktionen in unseren Nachbarschaften. Wir werden gemeinsam aktiv gegen Chefs, Vermieter*innen, Rassist*innen und Sexisten. Und damit haben wir Erfolg.
Ende April und Anfang Mai werden wir zu zwei großen Demonstrationen gemeinsam auf die Straße gehen. Komm am 30.04. 17 Uhr, zur „Unsere Häuser – Unsere Kieze“ Demo zum Leopoldplatz (Wedding), und am 1. Mai 18 Uhr zum Wismarplatz in Friedrichshain.
Gemeinsam holen wir uns die Straßen, die Häuser, die Stadt zurück!
Kiezkommune Wedding
Kiezkommune Kreuzberg/Neukölln -
Ein 1. Mai im Jahr der Entscheidungen – Verbinden wir unsere Kämpfe gegen die Stadt der Reichen!
Alle von uns dürften in den letzten Monaten verfolgt haben, was nicht weit von hier in Frankreich abging. Vor allem zu Anfang war viel Skepsis im Spiel angesichts des populären Kampfes der Massen, die das gesamte Land zeitweise lahm legten und sich Samstag für Samstag dazu verabredeten, die großen Städten aufzusuchen. Der wirtschaftliche Schaden, die Plünderungen und Zerstörungen in den Zentren der Macht, die direkten Angriffe auf die staatlichen Institutionen, die Positionierung gegen die vielfach erlebte staatliche Gewalt und die Verweigerung einer Repräsentation machten die Bewegung der Gelben Westen über die anfänglichen Zweifel Vieler erhaben. Ohne Frage ist die Bewegung nicht frei von Widersprüchen, die Instrumente der Spaltung und sozialen Kontrolle als Angriffe des Staates auf die Gesellschaft sind präsent.
In vielen Texten wurde schon erwähnt, dass das Verhältnis von Stadt- und Landleben ein wichtiger Faktor für die Bewegung der Gelbwesten ist. Ein bedeutender Teil der Mobilisierung, auch wenn dies in den deutschen Medien keine Erwähnung findet, kommt aus den ländlichen Gebieten und kleinen, provinziellen Städten. Die Blockaden an dortigen Verkehrsknotenpunkten haben nicht nur wirtschaftlichen Schaden verursacht, sondern auch einen wesentlichen Moment der Organisierung und der sozialen Sprengkraft ausgemacht. Die Beteiligung der ländlichen Bevölkerung hat den Protesten ein größeres Ausmaß gegeben und die Rolle der Großstädte als Orte des Angriffs gegen die Zentren und Symbole der Macht verstärkt. Die Verachtung für diese, auch wenn sie teilweise diffus sein mag, ist eine positive Eigenschaft. Sie bricht aus der Passivität aus und bezieht Position im sozialen Krieg. Sie deckt sich mit unserer Sicht auf die Gesellschaft und die Stadt. Wie gerne würden wir es hier sehen, wenn tausende von Menschen das Brandenburger Tor beschmutzen würden und die Friedrichstraße in Schutt und Asche legten.
Mit unserem kleinen rebellischen Projekt im Friedrichshainer Nordkiez versuchen wir, jeden Tag, ein Stachel im Herzen der Bestie zu sein. Wir lehnen dieses Gebilde aus Politik, Kapital und Dienstleistungen ab, welches die Stadt verkörpert. Sollte es in anderen Bezirken, kleinen Städten, Dörfern und ländlichen Regionen Verachtung oder Hass auf diese Hauptstadt geben, dann laden wir Alle ein, dies hier zum Beispiel an einem Tag wie dem diesjährigen 1.Mai gemeinsam zu artikulieren.
2019 kann ein Jahr der Entscheidungen werden. So können wir am Ende des Jahres mit abgerissenen oder luxussanierten Häusern, dreihundertfach erhöhten Mieten oder verschärften Bullengesetzen in erschöpfte Gesichter blicken oder aber auf ein kämpferisches Jahr zurückblicken, in dem unsere Hände so manchen Stein aufgehoben und unsere Herzen so manche neue Kompliz*innenschaft geschlossen haben. Selbst wenn wir Kiezkultur und rebellisches Projekt neu aufbauen, uns vor Gericht und Knast für unsere Gedanken und Taten verantworten oder uns an den Rändern der Städte wiederfinden müssen. Vielleicht aber, sitzen wir auch gemeinsam auf der Straße vor den Straßenzügen besetzter, durch uns selbst enteignete und in Selbstverwaltung übergebene Häuser, aus denen wir Staat und Kapital vertrieben haben. Streiten, lernen uns kennen, lachen.
Sicher ist der 1.Mai auch nur einer neben 364 anderen Tagen. Für Viele, und auch für uns, gilt er als verklärtes, von Erwartungen durchzogenes Datum, als ein entpolitisiertes Spektakel für die Medien anstatt einer kraftvollen Demonstration im Kontext stattfindender Kämpfe. Also wieso an diesem Datum festhalten? In der Tat, schliessen wir uns der radikalen Linke | Berlin an, die schreibt: „Der 1. Mai ist in diesem Prozess nicht mehr als ein Tag. Die Entscheidung, ob wir siegen oder unterliegen, fällt an jedem einzelnen Tag im Jahr. Schaffen wir es, uns zu organisieren? Begeistern wir unsere Nachbar*innen und Kolleg*innen, Freund*innen und Familien vom Kampf um ein besseres Leben? Sind wir konsequent und ernsthaft genug in dem, was wir tun? All diese Fragen beantworten wir nicht mit einer symbolischen Demonstration.“ Nehmen wir den 1. Mai als einen Tag wie jeden Anderen auch, an dem wir die Möglichkeit nutzen und finden, abseits der vielen täglichen und nächtlichen Taten, gemeinsam auf der Straße zu sein. Als einen nicht alleinstehenden Teil im Puzzle des kontinuierlichen Widerstandes gegen die Stadt der Reichen. Nur vor einigen Tagen protestierten zehntausende Menschen in mehreren Städten gegen den Mietenwahnsinn. Anfang März gingen mehrere tausend Menschen in Berlin auf die Straße, um ihre Wut auf die Verdrängung linker Freiräume zu artikulieren.
Doch, allein das Trotten neben einem Lautsprecherwagen wird uns nicht weiterbringen. Das Wohnungsproblem kennt in den Metropolen keine Grenzen mehr, kein Kiez oder Bezirk ist davon geschont geblieben. Es ist allen klar geworden, dass es kein vereinzeltes Problem ist, es betrifft alle, es ist nur eine Frage der Zeit. Wo uns die Bewegung der Gelbwesten in Frankreich dabei inspirieren kann, ist ihr Bewusstsein eines Konfliktes mit Staat und Kapital, dem nicht friedlich und passiv begegnet werden kann.
Kommt am 1. Mai in den Berliner Stadtteil Friedrichshain.
Verbinden wir unsere Kämpfe gegen die Stadt der Reichen!
Rigaer94
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Es lebe unser gemeinsamer Kampf gegen den Kapitalismus!
Der 1. Mai ist traditionell der Tag an dem die ArbeiterInnen gegen ihre Ausbeutung durch das kapitalistische System auf die Straße gehen. Gleichzeitig stellt dieser Tag für uns eine Forderung nach Frauenbefreiung, Frieden und Gerechtigkeit als Grundlage einer freien Gesellschaft dar.
Die Kriege, die momentan überall auf der Welt geführt werden, treiben die Profite kapitalistischer Kriegskonzerne weiterhin in undenkbare Höhen, während Millionen von Menschen in Armut und Arbeitslosigkeit ihrer Würde beraubt werden. Als einer der größten Waffenexporteure der Welt spielt Deutschland hierbei eine große Rolle. Während einerseits deutsche Waffen an despotische Regierungen verkauft werden, wo sie dann gegen regimekritische DemonstrantInnen eingesetzt werden, wird seit Jahren in Europa gleichzeitig eine rechte Politik gegen MigrantInnen und Flüchtlinge geführt.
Der Kapitalismus organisiert sich heute vor allem durch den Nationalstaat – ein Mechanismus, der im Namen des Nationalismus, die Völker und Gesellschaften gegeneinander aufhetzt und immer wieder den Faschismus bestärkt. Wir können die sogenannte Flüchtlingskrise, die von rechten Bewegungen und Strömungen für faschistische Zwecke instrumentalisiert
wird, nicht gesondert vom Kriegskapitalismus betrachten.
Doch trotz der scheinbar unbesiegbaren Macht des kapitalistischen Systems gibt es überall Grund zur Hoffnung. Immer intensiver werden radikaldemokratische, antifaschistische und feministische Alternativen auf
internationaler Ebene in verschiedenen Zusammenhängen und Foren diskutiert und auf der Straße erkämpft.
Von Brasilien nach Frankreich, von Algerien nach Kurdistan, vom Sudan nach Indien – es sind nicht die Staaten mit ihren politischen und wirtschaftlichen Kalkulationen, sondern die Teile der Gesellschaft, die am meisten von der kapitalistischen Ordnung betroffen sind, allen voran Frauen, die sich heute für Werte wie Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit, Frieden und Gleichberechtigung einsetzen.
In der Forderung nach einer gerechten, nachhaltigen und lebendigen Welt steht heute auch vor allem die Jugend an vorderster Front. Während kapitalistische Konzerne und Staaten weiterhin nach Märkten, Gebieten und Ressourcen suchen, die sie ausbeuten können, um immer höhere Profite zu schlagen und dabei das Leben auf der Erde teilweise für immer zerstören, sind es Kinder und Jugendliche, die heute die Folgen der krebsartigen Wirtschaftsinteressen erkennen und sich international und konsequent gegen Klimawandel und ökologische Katastrophen organisieren.
Die Revolution in Rojava stellt ein Zentrum für den Aufbau einer freiheitlichen, antikapitalistischen Gesellschaft dar. Es war die organisierte Hoffnung in eine demokratische Zukunft, die im Hier und Jetzt durch basisdemokratische Strukturen aufgebaut wird, die es der Bevölkerung vor Ort ermöglicht hat, die territoriale Herrschaft des sogenannten Islamischen Staates zu besiegen. Vor 200 Jahren begann die Arbeiterbewegung sich für das Ideal einer freien Gesellschaft zu organisieren.
Während sich deutsche SozialistInnen, FeministInnen und DemokratInnen, Jugendliche, Frauen und ArbeiterInnen, Gewerkschaften, Vereinigungen und linke Parteien von Anfang an mit dem Kampf der Revolution in Rojava gegen den Faschismus des sogenannten Islamischen Staates solidarisiert und teilweise Schulter an Schulter mit der Bevölkerung vor Ort gegen diese extremistischen Vergewaltigertruppen gekämpft haben, versuchen die kapitalistischen Staaten, unter anderem die Bundesregierung Deutschlands diese Errungenschaften für sich zu vereinnahmen. Die Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung in Deutschland ist ein Mittel, die freiheitlichen Aufbrüche im globalen Süden, die die heutigen progressiven und revolutionären Kräfte international darstellen, unsichtbar zu machen.
Wir sehen also, dass die kapitalistische Mentalität unsere Errungenschaften immer wieder vereinnahmen wird, wenn wir unsere gemeinsamen Kämpfe nicht bündeln und somit eine Front gegen antidemokratische Übergriffe auf unsere Werte und Gemeinschaften bilden. Der Kapitalismus beruht auf Ausbeutung, Konkurrenz und Zerstörung und verfolgt eine „Teile-und-Herrsche“ Logik, die Teile der Gesellschaft gegeneinander aufhetzt, um von den grundsätzlichen Problemen abzulenken.
An diesem 1. Mai müssen wir, als revolutionäre, feministische, ökologische, demokratische und progressive Gruppen, unsere Kräfte vereinen und einen gemeinsamen Kampf gegen dieses mörderische System führen!
Es lebe unser gemeinsamer Kampf gegen den Kapitalismus!
Es lebe der 1. Mai
Bijî 1 ê Gulanê
Nav-Dem – Demokratisches Gesellschaftszentrum der Kurdinnen und Kurden in Deutschland
Verband der Frauen aus Kurdistan in Deutschland (YJK-E)
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Wir werden uns am Wismarplatz versammeln und …
Nach einer langen Diskussion hat das Bündnis zur Vorbereitung der diesjährigen 1.-Mai-Demonstration entschieden, die Tradition der letzten Jahre weiterzuführen und die Demonstration nicht anzumelden.
Wir werden uns am Wismarplatz versammeln und die geplante Route laufen. Wir werden uns nicht von der Polizeipräsenz einschüchtern lassen. Falls es uns doch nicht möglich sein wird, die Demonstration zu starten, werden wir andere Wege finden. Beim Nichtstattfinden der Demonstration rufen wir dazu auf, uns alle um 21 Uhr an einem Ort, den wir kurz zuvor bekanntgeben werden, im Nordkiez zu treffen.
Wir rufen alle Menschen, die genug davon haben, in einer Stadt der Reichen zu leben, sich mit ihren Inhalten an der Demonstration zu beteiligen. Die Demo wird, was wir daraus machen.
Die Route findet ihr hier.
Was bedeutet „unangemeldet“ ganz konkret?
„Unangemeldet“ bedeutet erst einmal, dass wir – ganz simpel – die Demonstration nicht anmelden. Das heißt, dass wir keine Vorgespräche führen und auch sonst in keiner Weise mit den Bullen kooperieren. Unser Ziel ist es, eine kraftvolle Demonstration mit inhaltlichem Ausdruck durchzuführen. Tranpis, Fahnen und Sprechchöre geben dem Protestzug Struktur. Dabei geht es uns nicht um eine Auseinandersetzung mit den Repressionsbehörden, aber wir werden unsere Demo selbstbestimmt durchsetzen.
Wie funktioniert eine unangemeldete Demo am Ersten Mai?
Die Demonstration wird am Wismarplatz starten. Nach einem deutlich erkennbaren Signal gehen wir gemeinsam los. Die geplante Route wurde im Vornherein veröffentlichen, um allen die Möglichkeit zu geben, sich angemessen vorzubereiten. Die Demonstration soll laut, ausdrucksstark und durch innere Geschlossenheit kraftvoll sein. Dabei gelten die üblichen Demoregeln wie sonst auch bei anderen Gelegenheiten: Kein Alkohol oder andere Drogen, aufeinander aufpassen und nicht alleine unterwegs sein. Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist es dabei juristisch unerheblich, ob eine Demo angemeldet ist oder nicht. Nur wer an einer verbotenen Demo teilnimmt handelt nach dem Gesetz ordnungswidrig (keine Straftat). Strafbar würde sich nur die Person machen, die eine unangemeldete Demo veranstaltet bzw. leitet, eine solche „Leitungsperson“ ist aber grade nicht gewünscht, sondern selbstverantwortliches Handeln.
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Den 1. Mai neu gestalten? Unsere Ideen dazu.
Gegen die Stadt der Reichen. Für eine Gesellschaft ohne Knäste. Für eine Gesellschaft ohne Miete, Kapitalismus und Lohnarbeit.
Die Welt der Knäste
Knäste sind ein extremer Ausdruck der Logik von Eigentumsrechten und Grenzen. Sie sind dafür geschaffen, die herrschende Ordnung und damit die Ungleichheiten, die der Markt produziert, aufrechtzuerhalten. Während Kapitalist*innen immer mehr Wohlstand anhäufen, haben die Ausgebeuteten und Ausgeschlossenen immer weniger Gründe, Eigentumsrechte zu beachten. Trotz dessen ist eine Spaltung zwischen Arbeiter*innen draußen und Gefangenen zu beobachten: aus Sicht vieler Arbeiter*innen sind die Probleme der sogenannten „Kriminellen“ oft ihre „eigene Sache“ und vor allem ihre eigene Schuld. Wundern tut diese Ansicht allerdings nicht.
Je deutlicher die sogenannte kriminelle Klasse abgespalten ist, desto einfacher lässt sie sich kontrollieren und es scheint, als ob sie bzw. ihre Handlungen im Widerspruch zur sogenannten „ehrlichen“Arbeiterschaft stehen. Ungehorsame werden als „kriminelle Elemente“ isoliert und das Knastsystem, verbunden mit Strafe und Überwachung, sorgt somit für eine verfestigte Spaltung zwischen Arbeiter*innen draußen und Gefangenen. Einige Arbeitende sind gegenüber Gefangenen feindlich gestimmt anstatt wütend auf die Kapitalist*innen zu sein, welche die Arbeiter*innen stetig ausbeuten.
Außerdem kann die Knastindustrie erzwungene günstige Arbeiter*innen zur Verfügung stellen. Diejenigen also, welche vom Markt ausgeschlossen worden sind, stehen ihm aber trotzdem durch Zwang zur Verfügung. Gefangene können am Markt nur insofern teilhaben, als dass sie für ihn produzieren – die Produkte, welche sie hergestellt haben, können sie weder behalten, noch haben sie die Möglichkeit, sich von dem Hungerlohn von 1-2 Euro die Stunde irgendetwas finanziell leisten zu können. Die Knastindustrie stellt somit ein riesiges Maß an Überwachung und Kontrolle dar und erschafft eine soziale Schicht, welche nichts von der Weiterführung des Kapitalismus zu erwarten hat.
Die Welt des Kapitals und der Lohnarbeit
Mit dieser Perspektivlosigkeit sind Gefangene aber nicht allein. Die Welt des Kapitals und der Arbeit schließt die Mehrheit der Gesellschaft, finanziell wie strukturell, aus. Arbeiter*innen sind zwar Teil der Gesellschaft, aber durch zeitliche Reglementierung, welche die Lohnarbeit hervorbringt und den unzureichenden Lohn, können sie nicht an der Gesellschaft teilnehmen, wie sie wollen. Freizeit wird zur freien Zeit von der Lohnarbeit. Alles, was uns wichtig ist, packen wir in unsere viel zu knappe Freizeit, statt diese Dinge zu unserem Lebensmittelpunkt zu machen. Und egal wie viel wir ackern: wir werden niemals genug Geld haben, um das zu finanzieren, was wir wirklich wollen. So können wir auch nicht in unseren Kiezen bleiben, weil die Mieten immer mehr in die Höhe steigen und uns Reichere nach und nach verdrängen. Wir sind Teil der Gesellschaft – und werden doch aus ihr ausgeschlossen.
Obwohl Lohnarbeit also alles andere als erfüllend ist und wir von ihr nicht einmal erwarten können, dass wir zumindest dort leben können, wo wir es auch wollen, ackern sich die meisten die Finger wund.
Was wäre aber, wenn alle Angestellten, Gefangene und Nicht-Gefangene, die Lohnarbeit verweigern? Nicht nur an einem Tag, sondern grundsätzlich und fortdauernd? Sicherlich würde das die wirtschaftliche Krise bedeuten, vor der viel Angst geschürt wird. Aber es nicht die Krise, welche ungenügend Wohnraum und ausbeuterische (Lohnarbeits)verhältnisse verursacht, sondern die Tatsache, dass das derzeitige herrschende System aus Ausbeutung, Unterdrückung und Kapitalismus noch funktioniert. Wenn Menschen aus ihren Häusern vertrieben werden, während Wohnhäuser leer stehen und Menschen hungern, während es ein Überangebot an Lebensmitteln gibt, liegt das vor allem daran, dass in unserer Gesellschaft Ressourcen generell irrational verteilt werden. Natürlich sind die Konsequenzen einer Verweigerung der Lohnarbeit nicht zu romantisieren. Wenn diejenigen, welche die Macht vor der Krise inne hatten, sie auch behalten, werden sie über kommende Umbrüche ebenfalls bestimmen und sie in ihrem Interesse auslegen. So müssten Miete und Lebensmittel trotzdem finanziert werden – bei fehlender Lohnarbeit erscheint das mehr als schwierig.
Aber die Krise eröffnet uns auch die Möglichkeit, die Welt neu zu strukturieren. Wir können bei der Verweigerung der Lohnarbeit ein neues Bewusstsein über unsere Macht und Möglichkeiten entwickeln. Vielleicht entwickeln wir neue gemeinsame Projekte und Wege der Entscheidungsfindung. Vielleicht eignen wir uns unsere ehemaligen Arbeitsplätze an und nutzen sie, verbunden mit unseren Fähigkeiten und Talenten, um Dinge außerhalb der Logik von Profit und Konkurrenz zu erschaffen. Diese und viele andere Erfahrungen könnten wir sammeln – allerdings nicht, wenn wir weiter lohnarbeiten, weil uns das derzeitige herrschende System und der Alltagstrott gar nicht die Möglichkeit dazu verschafft.
Wie soll ein Haus dauerhaft besetzt werden, wenn alle pünktlich um 8 Uhr bei der Lohnarbeit sein müssen? Kann ein Mensch ein Leben ohne ökonomische und kapitalistische Zwänge kennen lernen, wenn mit dem Lohn im Monat das angebliche Leben ausrechnet werden muss? Wie sollen wir einen solidarischen Umgang miteinander in einer Gesellschaft lernen, in der es heißt, dass wir uns alleine nach oben durchboxen müssen?
Über unser Leben bestimmen wir nicht selbst. Wir lassen es durch den Staat in Form von Justizbehörden, Richter*innen, Gerichten, Politiker*innen, Kapitalist*innen, vermeintlichen Expert*innen und Arbeitgeber*innen bestimmen. Und schlimmer noch: diese Welt, auf die wir keinen Einfluss haben, die uns ausbeutet, unterdrückt, diskriminiert und aus Wohnungen rausschmeißt halten wir durch unsere Lohnarbeit sogar noch am laufen.
Haben wir irgendeinen Nutzen davon?
Wir schaffen Profite für diejenigen, die eh schon am meisten haben. Wir nutzen nicht unsere Fähigkeiten, sondern verkaufen sie an unsere Arbeitgeber*innen. Wir schaffen mit unserer Lohnarbeit Armut, weil sich der Profit bei wenigen anhäuft, während die Schwelle des Kapitals, das nötig ist, um Einfluss in der Gesellschaft auszuüben, weiter und weiter ansteigt. Bei diesen Prozessen verbannen wir Menschen. So bleiben beispielsweise Wohnungslose Teil der Gesellschaft und Teil der Kieze, werden aber gleichzeitig von ihnen ausgeschlossen. Für sie gibt es nicht die Möglichkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, noch, ihr zu entkommen. Wir arbeiten auch nicht wegen der „Lebenserhaltungskosten“, denn mensch kann das hier kaum „Leben“ nennen. Vielleicht ackern wir uns eher kaputt, um essentielle Bedürfnisse wie der Nahrungsaufnahme und ein Dach im Randbezirk über den Kopf zu erfüllen. Wir werden auch niemals „genug“ arbeiten können, um unsere Wünsche und Träume leben zu können: Geld ist immer und immer weniger zufriedenstellend. Je höher der Mensch in der Hierarchie aufsteigt, desto mehr muss mensch auch kämpfen und ausgeben, um nicht abzustürzen – umso mehr Geld ein Mensch besitzt, desto mehr steigen auch die sogenannten „Lebenserhaltungskosten“.
Warum lohnarbeiten wir also noch?
Innerhalb derzeitiger Umstände würde die Verweigerung der Lohnarbeit natürlich für viele auch die Bedrohung der Existenz bedeuten. Wahrscheinlich lohnarbeiten aber auch viele, weil sie sich eine bessere Welt nicht vorstellen können. Unsere Köpfe sind besetzt mit den derzeitigen Regeln des herrschenden Systems. Diese Regeln haben sich in unser Bewusstsein so sehr manifestiert, dass wir uns kaum vorstellen können, wie ein Leben ohne Lohnarbeit, Kapitalismus und Knast gestaltet werden kann.
Vielleicht gehen die wirtschaftlichen Zusammenbrüche und Streiks der Arbeiter*innen deswegen noch gar nicht weit genug. Solange die Ökonomie unser Leben bestimmt, wird unser Bewusstsein durch sie geprägt, Alternativen schwer vorstellbar und jede kleine von uns erzeugte Unterbrechung durch den riesigen Repressionsapparat auf uns zurückfallen. Deswegen können wir auch nicht erwarten, dass ein Streik oder eine Verweigerung der Lohnarbeit für einen Tag eine freiere Gesellschaft hervorbringt. Denn selbst wenn auf der Demonstration am 1. Mai alles so läuft, wie wir es uns erhoffen, wenn wir rebellieren, protestieren, uns für einen kurzen Moment die Straßen zurück nehmen und sich die Repressionsorgane an diesem Tag zurückhalten, würde unsdas niemals die Welt bringen, die wir uns wünschen. Vielleicht würde ein eintägiger Aufstand dem Staat sogar gut passen – jede*r kann sich vorstellen, welches Mediendrama dadurch erzeugt werden könnte und wie die Herrschenden dieses nutzen würden, um unsere Strukturen mit Repression zu konfrontieren.
Dagegen können tatsächliche langfristige Aufstände und dadurch erzeugte Krisen und Umbrüche eine Chance für einen sozialen Wandel sein, allerdings nur, wenn wir nicht mehr bereit sind, uns beherrschen zu lassen und den Wandel selbstbestimmt gestalten und organisieren. Eine Krise, zum Beispiel hervorgerufen durch die Verweigerung der Lohnarbeit, darf nicht in den Händen der Herrschenden bleiben oder fallen, sondern muss von uns genutzt werden, um die Machtverhältnisse zu verschieben.
Wenn wir die Verhältnisse tatsächlich verändern wollen, braucht es eine kämpferische, offensive und kontinuierliche Bewegung, welche keine Angst vor der Krise hat, sondern sie erzeugt und nutzt, um die Dinge neu zu strukturieren. Deswegen darf der Widerstand nicht auf einen Tag beschränkt werden. Lasst uns gemeinsam am 1.Mai auf die Straßen gehen, rebellisch sein und uns nehmen, was uns zusteht – und lasst uns entstandene Dynamiken weiterführen, sie nutzen und damit den Staat zum zittern und sein Getriebe zum Stillstand bringen! Die Verweigerung der Lohnarbeit ist eine Möglichkeit, sich gegen dieses System zu wehren und es gibt viele weitere. Wir müssen nur anfangen und dürfen nicht aufhören.
1. Mai 2019 l 18 Uhr l Wismarplatz l Berlin-Friedrichshain
Soligruppe Berlin der Gefangenen-Gewerkschaft / Bundesweite Organisation (GG/BO)